Ein Akt der Gewalt muss nicht immer physisch sein. Er kann auch darin bestehen die Freiheit der Frau zu beschneiden. So liegt es im Interesse des Patriarchats, bestimmte Rollenbilder aufrecht zu erhalten. Damit Frauen sich in diese Rollenbilder einfügen, wird ihnen schon früh das Selbstbestimmungsrecht genommen. Ihnen wird erklärt, einige Verhaltensweisen seien „weiblich“ und damit angemessen und andere nicht. Ihre Körper und Kleidung werden kontrolliert. Dies nimmt einzelnen Personen Freiheiten, definiert ihre Selbstwahrnehmung, ist ungerecht und in vielerlei Hinsicht problematisch.
Für die meisten von uns, ganz egal welchen Geschlechts, beginnen die Angriffe auf das körperliche Selbstbestimmungsrecht schon früh. Jungen spielen mit blauen Baggern und werden furchtlose Ritter, während die Mädchen im rosa Kleidchen eine brave, schöne Prinzessin sein sollen. Als Kinder auf Familienfeiern wird uns gesagt, dass es unhöflich ist, wenn man nicht jeder Tante oder Oma ein Küsschen gibt. Egal wie ungern wir dieser Forderung nachkommen, sich zu wehren, wäre unerzogen. So unschuldig das erscheinen mag, es ist häufig leider erst der Anfang.
…sexistische Kleiderordnungen…
In der Schule geht es weiter. Schon hier werden junge Mädchen sexualisiert und wegen ihres Geschlechts diskriminiert! Viele von uns gehen auf Schulen, an denen weiblich gelesene Körper eine Kleiderordnung beachten müssen. Zum Beispiel darf man BH-Träger nicht sehen, Schultern müssen bedeckt sein, Hosen dürfen nicht zu eng oder zu kurz sein. Für alle anderen gilt meistens nur, dass man die Boxershorts nicht sehen darf. Das sind Regelungen, die nicht nur unsinnig, sondern auch ungerecht und problematisch sind.
Doch welches Rollenbild von Schüler:innen sowie Lehrpersonen steht dahinter?
Es ist ein Überbleibsel aus klerikaleren Zeiten, in denen der weibliche Körper von Seiten der Kirche verteufelt und die Frauen angehalten wurden, sich zu bedecken. Andernfalls mussten sie fürchten, als „unehrenhaft“ oder „umtriebig“ zu gelten, da behauptet wurde, dass der weibliche Körper den Mann zu sehr in Versuchung führen würde.
…Verhütungsmittel, die unserer Gesundheit schaden…
In der Pubertät stellen sich einige zum ersten Mal die Frage, wie sie Sexualität erleben und verhüten wollen. Abgesehen von Kondomen liegt dann bei fast allen Verhütungsmitteln (zum Beispiel bei der Pille, Spirale, Hormonimplantaten…) die Verantwortung bei der Person, die schwanger werden kann.
Auch alle Nebenwirkungen liegen letztendlich bei uns, inklusive Migräne, Übelkeit, der Gefahr einer Thrombose und oft auch Depressionen.
Bei vereinzelten Versuchen eine Verhütungsmethode für den Mann zu finden, haben sich mehrere Probanden über genau diese Nebenwirkungen beklagt. Daraufhin wurde die Forschung eingestellt. Die Begründung dafür war, dass die Forschung sich nicht lohne, da es keinen Markt für solche Produkte gäbe und man folglich keinen Profit daraus schlagen könne. Eine mehr als willkommene Ausrede, um die Gesundheit der Frau und auch ihre Selbstbestimmung weiterhin einzuschränken.
…die qualvollen Prozesse, die Intersexuelle Personen erleben…
Säuglinge, die auf irgendeine Weise nicht dem binären Geschlechtersystem (also Frauen mit Vulva und Männer mit Penis) entsprechen, werden schon im frühen Kindesalter medizinisch „angepasst“. Dabei steht das äußere, „normale“ Erscheinungsbild im Fokus, nicht das Wohlbefinden, die Freiheit von Medikamenten oder das psychische Wohlergehen.
Viele Mediziner:innen wollen gar nicht sehen, dass Kinder auch als intersexuelle Personen ein gesundes, lebenswertes Leben haben. Viele intersexuelle Personen wehren sich heute dagegen und leiden viel mehr unter Operationen, Nebenwirkungen und dem Zwang sich zu verstellen als unter ihrer Intersexualität. Auch Menschen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht identifizieren, müssen viele Gespräche mit „Expert:innen“ führen, die ihr Geschlecht laut dem Gesetz besser kennen als sie selbst. Zwar ist es nach langem Kampf nun möglich, dass Personen sich als „divers“ im Personenstandsregister eintragen lassen können – viele weitere Hürden ebenso wie Feindlichkeit in der Gesellschaft sind dennoch Angriffe auf queere und intergeschlechtliche Personen.
…sexuelle Übergriffe im Alltag…
Auch außerhalb der eigenen vier Wände sind Übergriffe leider keine Seltenheit.
Ob in der Schule, Universität, dem Büro oder in unserer Freizeit im Sportclub oder dem Freibad: Wir alle kennen das unangenehme Gefühl nachts allein den Heimweg anzutreten.
Übergriffige Berührungen, dumme Sprüche und unangenehme Blicke sind für uns leider so normal, dass wir uns oft nicht einmal mehr darüber aufregen. Schon lange bevor wir das erste Mal in Clubs gehen dürfen, wissen wir, was KO-Tropfen sind. Wie kann es sein, dass uns erklärt wird, dass und wie wir uns schützen müssen?
Wäre es nicht besser, männlichen Tätern zu erklären, dass ihr Verhalten grundlegend falsch ist?
Umso wichtiger ist es, dass wir Freund:innen haben, denen wir vertrauen können, mit denen wir aufeinander achten und auch anderen gegenüber solidarisch sein können, wenn wir übergriffiges Verhalten erleben!
…Soziale Medien…
Selbiges gilt auch für Übergriffe im medialen öffentlichen Raum. Ob bei Instagram, Facebook, Twitter oder anderen Plattformen: Auch hier sind wir sensibel und zeigen uns solidarisch mit den Opfern patriarchaler Gewalt. Egal ob es sich um Fotos handelt, die ohne Einwilligung verbreitet werden, aufdringliche Nachrichten und Stalking, Hatespeech oder auch das ungewollte Outing von Privatpersonen oder Sexarbeiter:innen.
Gerade hier ist unsere gelebte Solidarität gefordert, denn für den medialen Raum gibt es derzeit noch wenig bis keine Möglichkeiten der juristischen Handhabe um Täter:innen zu belangen oder auch einfach um Inhalte aus dem Netz zu entfernen.
…oder ein Abtreibungsverbot…
Abtreibungen sind in Deutschland nicht legal. Unter bestimmten „Indikationen“ sind sie straffrei durchführbar, doch der Staat weigert sich seit Jahrzehnten, sie zu legalisieren. Dabei wissen wir: Ein Abtreibungsverbot macht Abtreibungen nicht seltener, es macht sie nur gefährlicher! Weltweit sterben jedes Jahr 70.000 schwangere Menschen bei dem Versuch, eine Schwangerschaft abzubrechen. Weil ihnen der legale Weg verweigert wird, greifen sie oft auf selbstgepanschte Medikamente, physische Gewalt oder einen Kleiderbügel zurück. Deswegen ist dieser auch zum Symbol der weltweiten kämpferischen Bewegung für sichere und legale Abtreibungen geworden.
Alle genannten Beispiele sind Angriffe auf Frauen oder Personen, die nicht eindeutig ins binäre Geschlechtersystem passen oder passen wollen. Wir fordern: Für Menschen aller Geschlechter ein Leben frei von Angriffen auf ihren Körper! Lasst uns unser Recht auf körperliche Selbstbestimmung einfordern!