Doch die ökonomische Unterdrückung ist bei weitem nicht die einzige Unterdrückungsform, unter der Frauen leiden.
Anschreien, verachtende Kommentare, Manipulation, ein Klatsch auf den Po, sexistische und „ach-so-witzige“ Kommentare von der Seite. Schubsen, schlagen, Stalking, das Handy der Freundin durchsuchen? Das alles sind Formen der Gewalt, unter der Frauen tagtäglich leiden.
Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Bei Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Übergriffen in Partnerschaften sind die Opfer zu 98,4% weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es fast 88,5%. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sowie bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 77% der Opfer Frauen.
…Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter…
Ob psychische, sexualisierte oder körperliche Gewalt – es ist die alltägliche Realität von Frauen in Deutschland und überall auf der Welt.
Jeden Tag gibt es in Deutschland einen versuchten Femizid. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau ermordet – weil sie eine Frau ist.
Laut den jüngsten Zahlen von 2018 wurden 138.893 Menschen in Deutschland Opfer der sogenannten Partnerschaftsgewalt, darunter 113.965 Frauen (82,1%) – diese immens hohe Zahl ist dabei seit Jahren konstant.
Angesichts dieser Zahlen kann man nicht, wie es in der bürgerlichen Presse nur zu oft dargestellt wird, von einem „Einzelfall“, einem „Familiendrama“ oder einer „Beziehungstat“ sprechen. Frauenmorde, also Femizide und Gewalt an Frauen, sind ein allgegenwärtiges Thema. Sie sind nicht privat, sondern politisch. Und genau so werden wir damit umgehen. Wir müssen die gesellschaftlich-patriarchalen Zusammenhänge aufzeigen, die diesen Taten zugrunde liegen.
… gesellschaftlich tabuisiert und dennoch immer präsent. Aber warum?…
Gewalt dient der Macht- und Herrschaftsausübung, aber nicht nur das. Gewalt dient zudem der Aufrechterhaltung bestehender Verhältnisse. Das kapitalistische System hat ein großes Interesse daran, dieses System aufrecht zu erhalten. Auf diese Kausalität gehen wir in unserem Positionspapier „Die ökonomische Unterdrückung der Frau im Kapitalismus“ näher ein.
Denn: Was wäre der Kapitalismus ohne Patriarchat? Genau, ohne Patriarchat kein Kapitalismus. Eine Hand wäscht die andere. Und wie es die „Natur“ des Patriarchats so will, drückt diese Hand nur zu gern zu, beschneidet Frauen in ihren Freiheitsrechten, bestimmt über ihre Körper und übt physische Gewalt aus. Denn Gewalt ist ein Mittel, um Menschen unter Kontrolle zu halten, um sie klein zu halten.
Wieso sollte genau dieses System, das von patriarchalen Strukturen profitiert und maßgeblich davon abhängig ist, diese bekämpfen? Dies wird nicht passieren!
Jede Frau hat ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Erfahrungen und Empfindungen. So trifft Gewalt auf ganz unterschiedliche Lebenssituationen und wird von Frauen unterschiedlich erlebt, eingeordnet und demzufolge auch bewertet. Deswegen ist es für uns wichtig, dass wir immer parteiisch an der Seite der Frau stehen, ihr persönliches Empfinden ernst nehmen und objektiv sichtbare Formen von Gewalt auf allen Ebenen bekämpfen.
Für uns als Frauenkollektiv ist es wichtig, diese gewaltvollen Strukturen sichtbar zu machen. Wir müssen Akte der Gewalt als eine systematische Unterdrückung entlarven. Nur so können wir die, seit Jahrtausenden gewachsenen, ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen sowie nicht binären Menschen, erkennen und andere Frauen dafür sensibilisieren
Wir wurden alle in einem System erzogen, das uns vorschreibt, wie wir als Frauen zu sein und zu verhalten haben. Eine Gesellschaft, der wir uns fügen sollen. Doch es sind nicht wir Frauen, die sich ändern müssen innerhalb dieses unterdrückenden Systems. Wir lassen uns nicht mehr einreden, dass wir die Schuld tragen für die alltäglichen Übergriffe. Wir werden nicht länger zulassen, von jemandem besessen oder benutzt zu werden. Obwohl wir wissen, dass es im Kapitalismus keinen vollständigen „Schutzraum“ geben kann, der frei vom Patriarchat ist, fordern wir: Es muss flächendeckende, professionelle und kostenlose Anlaufstellen für Frauen geben, die Gewalt erleben – nicht nur im Notfall, sondern auch präventiv.
Wir werden keine Gewalttat unkommentiert lassen! Ein Angriff auf eine, ist ein Angriff auf alle von uns! Solidarisch und entschlossen stehen wir Schulter an Schulter schwesterlich zusammen – sowohl gegen die allgegenwärtige Gewalt an Frauen als auch gegen die unterdrückenden Strukturen. Wir werden kämpfen und uns nicht länger unterdrücken lassen. Gemeinsam und entschlossen: Gewalt sichtbar machen, Femizide stoppen!