Das Patriarchat ist das älteste Unterdrückungsverhältnis der Welt. Um es zu verstehen, müssen wir eine kleine Zeitreise zum Beginn der menschlichen Gesellschaft machen. Die Urgeschichte der Menschheit ist der älteste und gleichzeitig längste Zeitabschnitt der menschlichen Entwicklung. Auch wenn dauerhaft neue Erkenntnisse aus dieser Epoche gewonnen werden, bleiben dennoch viele offene Fragen. Dabei müssen wir bedenken, dass die Haltung der Forscher:innen sich häufig auf das gesellschaftliche binäre Geschlechtersystem bezieht und andere Identitäten kaum Forschungsinteresse hatten und haben und somit bisher unsichtbar geblieben sind. 

… die Urgesellschaft…

Es hat nicht immer gesellschaftliche Klassen und Ausbeutung gegeben. 

In der Urgesellschaft war das Leben der Menschen in keiner Weise vergleichbar mit dem Leben der Menschen heute. 

In der Urgesellschaft lebten die Menschen in Stämmen und Sippen, ernährten sich vom Jagen und Sammeln und lebten dort, wo sie Nahrung und Wasser fanden. In dieser Zeit der menschlichen Entwicklung war es nicht möglich, mehr Nahrung zu produzieren als zum Leben gebraucht wurde. Es war notwendig, dass alle Menschen, die Teil einer Gesellschaft waren, zusammenarbeiten und das erwirtschaftete Essen fair untereinander aufteilen. Andernfalls wäre das Überleben eines Stammes nicht möglich gewesen. 

Es gab keine Grundlage für eine Unterdrückung des Menschen durch den Menschen, denn kein Mensch konnte sich mehr aneignen als die anderen. In diesen Verhältnissen waren auch Mann und Frau noch sozial gleichgestellt. 

Wenn heute über das Patriarchat und Rollenbilder gesprochen wird, wird häufig gesagt, die Rollenbilder seien seit Urzeiten festgelegt. Die Männer wären Jäger gewesen und sind dementsprechend auch heute noch laut, übermütig und die Ernährer der Familie. Die Frauen wären Sammlerinnen und schon immer Hausfrauen gewesen. Sie hätten sich um die Kinder gekümmert und sind bis heute sensibler und müssen sich um den Haushalt kümmern. 

Ein viel zu vereinfachter Erklärungsversuch, der zudem die individuellen Wesenszüge der Menschen außer Acht lässt und versucht, die Unterdrückung der Frau als eine biologische Notwendigkeit darzustellen.

Eine solche klare Rollenverteilung anhand der Geschlechter, wie wir sie in der Schule meistens lernen, konnte – heutigen archäologischen Erkenntnissen zufolge – allerdings nicht nachgewiesen werden. Die Menschen lebten also nicht schon immer im Patriarchat, sondern dieses ist historisch entstanden. 

… vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit …

In einem langen Prozess veränderte sich die Produktionsweise der Menschen und so wurde die ökonomische Grundlage des Patriarchats geschaffen. 

Die Tatsache, dass die Menschen nicht mehr als Nomad:innen umherzogen, sondern sesshaft wurden, mündete zwangsläufig in einer Weiterentwicklung der Maschinen und Arbeitsmethoden und letztendlich zu einer neuen Wirtschaftsform. So wurden Felder nun zum Beispiel nicht mehr mit Hacke und Spaten gepflügt, sondern mit einem Pflug, was den Arbeitsaufwand in diesem frühen Stadium bereits enorm erleichterte. Durch die neu gewonnenen Ressourcen war es nun auch möglich Tiere zu zähmen, da man diese nun auch versorgen konnte. Die Viehzucht entstand und mit ihr eine weitere Möglichkeit der Menschen mehr zu produzieren, Ressourcen anzuhäufen und Vorräte anzulegen. Der Austausch verschiedener Produkte konnte beginnen.

Die ökonomische Grundlage für die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen war nun gegeben. 

Die Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht führte auch zu einem ganz neuen Wirtschaftszweig, der Hauswirtschaft. Hier wurden Gefäße hergestellt, Tierhäute und Felle bearbeitet oder Seifen produziert.

Dieser Wirtschaftszweig entwickelte sich vorwiegend zum Arbeitsgebiet der Frauen.

Ökonomisch geschah eine massive Veränderung innerhalb der Gesellschaft. Eine neue Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern entstand und setzte sich durch. 

Das Patriarchat ist das Produkt der Entstehung des Privateigentums und der Arbeitsteilung zwischen Geschlechtern. Die Arbeitsteilung führte zu einer gesellschaftlich höheren Stellung des Mannes, da er zum Haupternährer der Familie wurde. Gleichzeitig führte die Möglichkeit sich Privateigentum anzueignen dazu, dass mehr vererbt werden konnte. Als „Familienoberhaupt“ wollten die Männer sicher gehen, dass sie ihren Besitz auch an ihre eigenen Kinder vererben. Hierfür musste sich in der Familienstruktur jedoch einiges ändern. Denn zuvor wurde nur über die Blutlinie der Mutter vererbt, da die Kinder nur ihr eindeutig zugeordnet werden konnten. Da die Frauen eine angesehene gesellschaftliche Stellung hatten und Menschen gleichberechtigt lebten, stellte das auch niemand in Frage. Damit die Erbschaftslinie sich verändern, also nach der Blutlinie der Väter verlaufen kann, mussten die Kinder den Vätern eindeutig zugeordnet werden können. Da es damals noch keine Vaterschaftstests gab, entstanden die erste Form der monogamen Ehe. Frauen hatten dann nur noch einen einzigen Geschlechtspartner, was eine Zuordnung ermöglichte.

Die Frau war nun sowohl ans Haus als auch ökonomisch an den Mann und die erste Form der bürgerlichen Beziehung gefesselt.