Auch im 21. Jahrhundert hat der Faschismus und damit auch der antifaschistische Kampf leider nicht an Aktualität verloren. Nach der Zerschlagung des Hitler-Faschismus s in Deutschland kamen viele Nazis ungestraft davon und besetzten wichtige Ämter in Politik und Wirtschaft – auch Jahrzehnte später.

Terrorzellen wurden nie gänzlich aufgelöst und immer wieder vom Staat geschützt, unterstützt und sogar aufgebaut. Gelegentlich werden Strukturen wie das Kreuz-Netzwerk aufgedeckt. Allerdings sieht man anhand der fehlenden Konsequenzen, dass der Staat nicht das Ziel verfolgt, diese Strukturen zu zerschlagen. Im Gegenteil, eine Aufklärung wird systematisch unterbunden, indem Beweise zurückgehalten, vernichtet oder Ermittlungen verboten werden. 

Wir haben einen Staat, der rechte Strukturen in sein Vereinsregister aufnimmt (z.B. Uniter e.V.) und rechtsradikale Terrorakte immer wieder als „Einzelfälle“ verharmlost. Kassel, Halle, Hanau und Celle sind nur ein paar aktuelle Beispiele dafür.

Zudem leben wir in einer Gesellschaft, in der Alltagsrassismus ein sehr präsentes Thema ist.

Dies reicht von beiläufigen, aber diskriminierenden Bemerkungen, über Beleidigungen bis hin zu grausamen Gewalttaten. So wurden im Jahr 2019 knapp 700 fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten erfasst – und die Dunkelziffer ist weitaus höher. Faschistische Ideen sind sowohl im Staat als auch in der Gesellschaft fest verankert.

…Was hat Faschismus mit Patriarchat zu tun?…

Das Frauenbild in faschistischen Diktaturen und Bewegungen ist auf den ersten Blick unterschiedlich – aber immer durch und durch patriarchal. Die Gemeinsamkeit dabei ist, dass die Arbeitskraft und der Körper von Frauen dem Kapital zur Verfügung stehen sollen, was durch eine entsprechende Ideologie untermauert wird.

Im deutschen Faschismus beispielsweise wurden Frauen in ihre „natürliche“ Mutter- und Hausfrauenrolle gedrängt und als Reproduktionsmaschinen gesehen. Emanzipation wurde als Idee der Jüd:innen bezeichnet und Bildungs- und Berufschancen für Frauen verringert. Als der Krieg Arbeitskräfte forderte, wurden auch Frauen herangezogen, die nun Lohn- und Hausarbeit leisten mussten.

Auch in heutigen faschistischen Bewegungen wird das Patriarchat verbreitet und gelebt. Djihadisten, die „Neue Rechte“ und faschistische Attentäter verbindet ein rückschrittliches Frauenbild und Frauenhass. Dieses rückschrittliche Frauenbild fußt vor allem auf drei Komponenten: dem binären Geschlechtersystem, der Heteronormativität und dem „Inceldom“.

… involuntary celibacy – was ist das?…

Ein eindrückliches aktuelles Beispiel ist „Inceldom“. Incel steht dabei für INvoluntary CELibacy – auf Deutsch: unfreiwilliges Zölibat. Die Anhänger, die sich selbst als Incels bezeichnen, behaupten sie hätten ein Recht auf Sex, das ihnen verweigert würde und verbreiten Hass-, Gewalt- und Vergewaltigungsfantasien im Internet. Sie sehen Frauen als Menschen zweiter Klasse und reine Reproduktionsmaschinen.

Weil diese Verschwörungen vor allem in einschlägigen Foren verbreitet werden, scheint es auf den ersten Blick, als könne man sie vernachlässigen. Tatsächlich berufen sich aber eine Vielzahl rechter Attentäter direkt oder indirekt auf das Inceldom, auch wenn ihr Frauenhass nicht immer öffentlich bekannt gemacht wird.

Die Täter der Anschläge von Christchurch, Halle und Hanau waren in solchen Foren unterwegs und von ihnen beeinflusst, was nicht zuletzt auch in ihren kruden Ideologiebekundungen oder Äußerungen klar wird. Die Täter von Christchurch und Halle haben wiederholt von dem „Problem der Geburtenrate“ gesprochen. 

Sie orientieren sich an Renaud Camus, einem ultrarechten französischen Vordenker, der das faschistische Konstrukt der Umvolkung mit Antisemitismus verbindet. Der bürgerliche Feminismus sei Ergebnis eines jüdischen Plans, die Geburtenrate in der „westlichen Welt“ zu senken und so die Umvolkung vorzubereiten. Auf diesen antisemitischen Gedanken bauen viele Incels auf und fußen darauf ihren blanken Frauenhass. 

… das Problem des binären Geschlechtsmodells …

Auch bei den Menschen, die sich nicht zum Inceldom bekennen, jedoch trotzdem dem rechten Spektrum zuzurechnen sind, sind rückständige und veraltete Rollenbilder vorherrschend. Häufig werden lediglich zwei Geschlechter anerkannt. Dieses binäre Geschlechtersystem (oder Zweigeschlechtermodell) geht davon aus, dass es lediglich zwei sich ausschließende Geschlechter gäbe, die von Geburt an natürlicherweise vorgegeben und unveränderbar seien. Neugeborenen Menschen wird somit jede individuelle Geschlechtsidentitätsentwicklung abgesprochen. Menschen, die sich nicht in dieses binäre Geschlechtersystem zwängen lassen wollen, werden in faschistischen Ideologien als krankhaft diffamiert, ausgegrenzt und grundsätzlich als „falsch“ wahrgenommen. 

Dieses binäre Geschlechtersystem, welches als alternativlos angesehen wird, klassifiziert Heterosexualität als statistische Norm und wesenhafte Grundlage menschlicher Beziehungen. Es gilt als selbstverständlich und nicht zu hinterfragen, dass sich nur Frau und Mann lieben können. Es wird im faschistischen Denken somit ein Zwang konstruiert, der andere Sexualitäten ausschließt und diskriminiert. Heterosexualität wird als Bedingung für eine gelungene Identitätsbildung eingestuft. 

Durch Vergleiche, Differenzierung, Hierarchisierung, Homogenisierung und Individualisierung wird Heterosexualität zur Norm des faschistischen Weltbildes. Diese Normalisierungsprozesse verdeutlichen jedoch, dass Sexualität und Begehren eben nicht angeboren sind. 

Exemplarisch werden diese Normalisierungsprozesse wenn Faschisten:innen  von der „traditionellen“ Familie schwärmen. In dieser sollen die Frauen vornehmlich zu Hause die Erziehungsrolle und den Haushalt übernehmen, während der Mann Karriere macht. 

Dagegen kämpfen wir an, im Betrieb, in Universitäten, Schulen und im Viertel: Für eine antifaschistische Welt, in der die Menschen nicht in Nationen, Religionen und Geschlechter gespalten und gegeneinander ausgespielt werden. Für eine antifaschistische Welt, in der jede und jeder einen Platz findet. Eine Welt, in der niemand Angst haben muss, diesen Platz aus ökonomischen, ökologischen oder sozialen Gründen zu verlieren. Für eine Welt, die nicht Wachstum und Konkurrenz als persönliches Leitbild hat, sondern den Menschen an erster Stelle setzt.

Fest steht jedoch, dass sich jegliche antifaschistische Ideen von einem humanen Miteinander in einer befreiten Gesellschaft langfristig im Kreis dreht, wenn nicht die soziale Frage thematisiert wird. An dieser Stelle soll daher auch an den Zusammenhang von Faschismus, Krieg und Wirtschaft erinnert werden. Zahlreiche Unternehmen haben ein großes Interesse am Krieg, finanzieren diesen mit und statten faschistische Staaten mit Waffen aus. All diese Unternehmen profitieren nicht nur ökonomisch von der faschistischen Kriegstreiberei, sondern auch politisch.

Wir sehen es deshalb als unsere feministische und antifaschistische Pflicht dieses misogyne, rassistische System zu entlarven und dagegen anzukämpfen.