Das System in dem wir leben liefert die Notwendigkeit für eigene Frauenorganisationen, um es entsprechend angemessen bekämpfen zu können.
Die Frau der Arbeiter:innenklasse wird durch verschiedene Formen im Kapitalismus und Patriarchat unterdrückt. Alltagssexismus, Sexualisierung von Frauenkörpern, patriarchale Rollenbilder, Verweigerung von körperlicher Selbstbestimmung, Gewalt gegen Frauen uvm. All das sind verschiedene Formen der Unterdrückung, die uns klein halten und ideologisch unsere doppelte Ausbeutung als Frau und Arbeiterin legitimieren sollen. Ausbeutung und Unterdrückung bedingen sich also gegenseitig.
In diesem System in dem Mädchen also dazu erzogen werden ruhig zu sein, während Jungs laut und wild sein sollen. In dem System in dem Frauen weiß gemacht wird ihre Aufgabe wäre es den Haushalt zu schmeißen, Kinder zu kriegen und dem Mann sexuell verfügbar zu sein – in diesem System nimmt jeder Mann automatisch die Rolle des Unterdrückers ein und jede Frau die Rolle der Unterdrückten. Männer profitieren hierbei automatisch von der Unterdrückung der Frau und sind dementsprechend auch so sozialisiert die Rolle des Unterdrückers auszuführen, sowie die Unterdrückung der Frau nicht zu wahrzunehmen.
Das ist auch der Grund, warum wir eigene Frauenorganisationen brauchen. Wenn 50% der Arbeiter:innenklasse eine besonderen Form der Ausbeutung und Unterdrückung erfährt, dann müssen wir für diese 50% eine besondere Organisationsform finden, um gegen diese Form der Unterdrückung anzukämpfen. Männer und Frauen haben nicht die selben Voraussetzungen. Wenn wir heute also alle Geschlechter gleich behandeln, obwohl sie keine gleichen Voraussetzungen haben, schaffen wir keine Gleichheit. Im Gegenteil, wir würden das Unterdrückungsverhältnis lediglich reproduzieren. Wir brauchen Orte, an denen wir in einem möglichst geschützten Rahmen diskutieren können, uns gemeinsam bilden und entwickeln und unseren Kampf gegen das Patriarchat organisieren können. Um diese Räume zu schaffen, muss es uns möglich sein, die Menschen davon auszuschließen, die vom Patriarchat profitieren und uns unterdrücken! Das ist ein wichtiger Grund, wenn es darum geht warum wir Aktionen planen, bei denen wir nur als Frauen auf die Straße gehen. Wir möchten dass Frauen ihr Potenzial entfalten und sich zu starken Kämpferinnen gegen das Patriarchat entwickeln können.
Keine Rückzugsräume vor dem Patriarchat
Wenn wir über Frauenräume sprechen, darüber dass wir als Frauen zusammen kommen, uns als Frauen zusammen organisieren und Frauensolidarität leben, dann wollen wir uns stärken, uns einander zu glauben und für einander einzustehen. Das meint uns gegenseitig als Frauen für falsches Verhalten zu kritisieren und uns so in unserem Kampf gegenseitig weiter zu entwickeln.
Was es aber nicht meint sind sogenannte „Safe Spaces“ (dt.: „sichere Räume“). Denn uns ist klar: im jetzigen System gibt es keinen sicheren Raum vor dem Patriarchat. Auch wir Frauen sind patriarchal sozialisiert und dazu erzogen in anderen Frauen Konkurrentinnen zu sehen, ebenfalls andere Frauen auf ihr Aussehen zu reduzieren oder andere Frauen schlechter zu machen, um selber gut dar zu stehen. Das bedeutet, dass wir kontinuierlich an diesen Verhaltensweisen arbeiten und sie zurückdrängen müssen. Dass wir aber Frauenorganisationen nicht als sicheren und entspannten Rückzugsort vor dem Patriarchat betrachten dürfen. Sie dienen als Organisationsform in denen wir gezielt den Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat organisieren, anleiten und durchführen können.
Frauen machen nicht nur Frauenarbeit
Frauenorganisationen arbeiten nicht nur zu „frauenspezifischen“ Themen und Tagen, wie dem Frauenkampftag (8.3) oder dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (25.11). Als Frauen sind wir in allen Themenbereichen besonders durch Kapitalismus und Patriarchat betroffen. Sei es im Bezug auf das Thema Teuerungen, Wohnungsnot, Armut, aber auch Umweltschutz und Faschismus usw. Das bedeutet also auch, dass wir als Frauen zu all diesen Themen arbeiten und unsere Perspektive und unseren Kampf auf die Straße tragen müssen. Ebenso müssen wir uns als Frauen zu allen Themenbereichen bilden und politisieren. Wie sollen wir sonst verstehen, dass wir als Frauen besonders ausgebeutet werden, wenn wir uns nicht mit Ökonomie befassen? Wie sollen wir verstehen, dass Faschismus und Frauenhass so eng beieinander liegen, wenn wir uns nicht die Entstehung des Faschismus und seine Eigenschaften anschauen? Wir müssen uns als Frauen in allen Bereichen umfassend bilden und politisieren, um auch das System welches uns ausbeutet und unterdrückt umfassend zu bekämpfen!
Patriarchat spaltet, aber Frauenkampf vereint!
Zu guter Letzt steht noch die Frage im Raum, ob nicht durch eigene Frauenräume, eigene Organisationen und eigene Aktionen die Spaltungslinie zwischen den Arbeiter:innen verstärkt wird, die durch das Patriarchat hervorgerufen wird. Diese Frage beantworten wir ganz ausdrücklich mit nein! Sogar ganz im Gegenteil! Der Kampf in eigenen Frauenorganisationen, der Kampf gegen das Patriarchat und für die Frauenrevolution – das ist kein spalterischer Kampf. Das ist ein Kampf der allen Arbeiter:innen zu gute kommt, ein Kampf der die Spaltungslinie nicht verstärkt, sondern verringert. Denn unser Kampf stellt die Befreiung aller Geschlechter dar. Auch die Befreiung der Unterdrücker. Denn wie kann jemand frei sein, wenn seine ihm zugewiesene Rolle darin liegt andere zu unterdrücken? Wenn wir also die Ursache für die Spaltung bekämpfen, dann packen wir das Problem an der Wurzel, anstatt Symptombekämpfung zu betreiben.
Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass es nicht die Männer sind, gegen die wir kämpfen. Ganz im Gegenteil: proletarische Männer sind mit die engsten Verbündeten der proletarischen Frauen im Kampf um die Befreiung der Geschlechter. Auf sie können wir zählen, wenn es darum geht den Kapitalismus und damit unsere ökonomische Ausbeutung auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Auf sie müssen wir zählen, wenn es darum geht das Patriarchat entschlossen in anderen und uns selbst zu bekämpfen. Nicht die Männer sind unser Feind, sondern der Kapitalismus und das Patriarchat!
Das bedeutet also, wenn wir uns als Frauen gemeinsam organisieren und zusammenschließen, dann erkämpfen wir die Befreiung von allen Arbeiter:innen, dann können wir uns gemeinsam zu starken Kämpferinnen entwickeln für die Frauenrevolution und für den Sozialismus!