Seit dem Militärputsch vom September 1980 ist das „verschwinden lassen“ von Menschen in der Türkei eine gängige Praxis.
Verschwinden lassen – was heißt das?
Fortschrittliche, antifaschistische, linke Menschen werden festgenommen oder zu Verhören bei der Polizei mitgenommen. Danach tauchen sie jedoch nicht mehr auf. Angehörige oder Anwälte bekommen keine Auskunft über ihren Verbleib. Viele Menschen sind seit Jahren verschwunden, von anderen wurde der Körper in Waldstücken gefunden. Folter und Mord sind eine gängige Praxis, doch die Mütter der verschwunden gelassenen wollten sich das nicht gefallen lassen. Seit Mai 1995, versammelen sich die Mütter und Angehören jeden Samstag vor dem Galatasaraygymnasium in Istanbul. Mit Fotos von ihren Verschwundenen Kindern, Schwestern, Brüdern, fordern sie schweigend die Aufklärung der Verbrechen und das vor Gericht bringen der Schuldigen.
Immer wieder werden die Samstagsmütter von der Polizei angegriffen, sei es durch Beleidigungen, Knüppelschläge, Tritte oder über den Boden zerren. Die Samstagsmütter werden Angeklagt, werden inhaftiert und in die Gefängnisse gesperrt, doch sie geben nicht auf! Frauen, die weder lesen, noch schreiben konnten, wurden wegen „Anschreiben von Parolen an die Zellenwände“ vor Gericht gestellt. Jeder sieht, dass dieses Vorgehen des türkischen Staates reine Schikane ist. Zu Beginn waren es nur 15 Menschen, doch der Protest hat sowohl in der Türkei, als auch im Ausland für Aufruhr gesorgt. Vier Jahre nach Beginn der Aktionen wurde der Protest vorläufig eingestellt.
„Monatelang wurden wir sofort festgenommen, manchmal schon beim Verlassen des Menschenrechtsvereins“, sagt Maside Ocak (Die Mutter von Hasan Ocak, einem Verscheundenen und Initiatorin der Samstagsmütter). Aber sie hätten nicht nur darum aufgehört: „1999 gab es nur noch neun neue Fälle. Das war unser Erfolg. Und das war all die Schläge und das Tränengas wert.“
Seit 2009 sind die Samstagsmütter nun wieder jeden Samstag auf der Straße.
Seit nunmehr 23 Jahren, am letzten Samstag zum 685. mal, fordern sie Samstag für Samstag Informationen über die Verschwundenen und ihre Rückkehr, auch wir schließen uns der Forderung an!